Obstbau bezeichnet den groÃÂflächigen Anbau von Kernobst, Steinobst oder Beerenobst im Freiland.
Obstplantage am Bodensee bei Arbon (Plantage der Sorten Gala, Topaz und Golden Delicious)
Apfelplantage
Inhaltsverzeichnis
1 Geschichte
2 Herkunft der Obstarten (Auswahl)
3 Vermehrung
4 PflegemaÃÂnahmen
4.1 Bewässerung
4.2 Schnitt
4.3 Pflanzenschutz
5 Literatur
6 Weblinks
7 Einzelnachweise
Geschichte
Die besonders für die Vitamin- und Mineralstoffversorgung des Menschen wichtigen Obstarten gehörten als wildwachsende Früchte schon vor mehreren Millionen Jahren zur täglichen Nahrung der sammelnden Urvorfahren des Menschen. Vor mehr als 50.000 Jahren waren Himbeeren, Heidelbeeren, Holunderbeeren, die Früchte der Eberesche und der Schlehe Teil der Nahrung der wandernden Menschengruppen. Systematisch angebaut wurden diese Wildfrüchte sicher noch nicht. In einzelnen Gebieten wurden diese Beerenfrüchte jedoch schon sehr früh kultiviert. So wird angenommen, dass Himbeeren, Holunderbeeren und Heidelbeeren schon etwa um 8000 vor Christus in einigen Wäldern oder in einfachen Gärten in Europa regelmäÃÂig geerntet wurden. Beerenfrüchte gehörten schon damals zur regelmäÃÂigen Nahrung der nordamerikanischen Ureinwohner. Im Zweistromland, am Euphrat und Tigris, waren Maulbeeren schon Jahrtausende vor Christus sehr beliebt. Erste Anfänge des Obstbaues im Nahen Osten lassen sich bis in das 4. Jahrtausend vor Christus zurückverfolgen. Nach dem ÃÂbergang zum Ackerbau wurden regelmäÃÂig und gezielt Obstbäume und Sträucher angepflanzt und die Früchte zum Verzehr geerntet. In Mesopotamien wurden vorrangig Obstbäume zur Anlage von Parks und Palastgärten gepflanzt.
In der Neuzeit entstanden weltweit gröÃÂere Obstbaugebiete, in denen Obst für die Versorgung nahegelegener Städte beziehungsweise für den Export angepflanzt wurde. Die Hauptregionen sind: ÃÂsterreich (Steiermark), Italien (Südtirol), Frankreich und in Deutschland das Alte Land nahe Hamburg, der Bodenseeraum, die Voreifel und das Vorgebirge bei Bonn (wo 1896 das erste reine Obstgut Deutschlands von Otto Schmitz-Hübsch gegründet wurde). Je nach Region liefern diese Gebiete beispielsweise ÃÂpfel, Kirschen und Pflaumen. In Mittelamerika entstanden riesige Bananenplantagen, die dort auch die politischen Verhältnisse beeinflussten, weil US-Konzerne ein Interesse an der Kontrolle über die Landflächen und an billigen Arbeitskräften hatten. Neuerdings werden groÃÂe Mengen an Obst in Südamerika, Südafrika, Neuseeland und Australien produziert.
Streuobstwiese im Herbst, Siebengebirge, Luftaufnahme (2015)
Herkunft der Obstarten (Auswahl)
Zu den am längsten bekannten Baumfrüchten gehört der Apfel (Malus sylvestris). Funde von wilden ÃÂpfeln im heutigen Anatolien wurden auf 6500 vor Christus datiert. Dreitausend Jahre danach war der Apfel im Gebiet der heutigen Schweiz und auf den Britischen Inseln bekannt. Die ägyptischen Könige Ramses II. und Ramses III. spendeten täglich einen Korb ÃÂpfel an die Priester der Tempel.
Die Birne (Pyrus communis) gelangte aus Persien und Armenien über Kleinasien zu den Griechen und den Römern. Letztere verbreiteten sie auch nördlich der Alpen.
Die Quitte (Cydonia oblonga) ist nahe verwandt mit der Birne und dem Apfel. Ihre Heimat ist der Kaukasus und Vorderasien.
Die wilden Formen der Pflaume (Prunus domestica) stammen aus Anatolien, aus dem Kaukasus und aus Persien. Die Römer kannten viele Rezepte mit Pflaumen. Sie wurden in Wein eingelegt und so konserviert.
Die Urform der SüÃÂ-Kirsche ist die Vogel-Kirsche. Vor achttausend Jahren war sie in Kleinasien bekannt. Lucullus, eher berühmt als Feinschmecker denn als erfolgreicher Feldherr, brachte 74 vor Christus die ersten Kirschen aus Kleinasien von seinem Feldzug gegen Mithradates VI. mit nach Rom.
Aus China stammt die Aprikose beziehungsweise Marille (Prunus armeniaca). Bereits 2200 vor Christus wurden ihre Früchte geerntet. Sie verbreiteten sich über den Iran und Assyrien in Richtung Europa. Im Jahre 50 vor Christus war die Aprikose in Rom eine sehr seltene und teure Frucht.
Zitrusfrüchte wie Orangen (Citrus sinensis) und Zitronen (Citrus limon) wurden laut griechischen und römischen Schriftstellern schon 1100 vor Christus angebaut. Sie stammen aus Asien.
Die deutsche Mispel (Mespilus germanica) oder Steinapfel hat ihre Bedeutung verloren. Auch sie stammt aus Vorderasien.
Homers Odyssee, das Heldenepos der griechischen Antike (800 vor Christus), stellt in allen ihren umfangreichen Beschreibungen nie dar, dass Obst gegessen wird. Und doch machen für den Dichter Birnen, Granatäpfel, ÃÂpfel, Feigen, Oliven und natürlich Weintrauben einen wohlgeplanten Obstgarten aus, der über lange Zeit im Jahr Früchte hervorbringen wird (Odyssee 7,112):
AuÃÂer dem Hof ist ein groÃÂer Garten nahe der Hoftür
An vier Morgen, auf allen Seiten vom Zaun umzogen.
GroÃÂe Bäume stehen darin in üppigem Wachstum,
Apfelbäume mit glänzenden Früchten, Granate und Birnen
Und auch süÃÂe Feigen und frische, grüne Oliven.
Denen verdirbt nie Frucht, noch fehlt sie winters wie sommers
Während des ganzen Jahres, sondern der stetige Westhauch
Treibt die einen hervor und lässt die anderen reifen.
Birne auf Birne reift da heran und Apfel auf Apfel,
aber auch Traube auf Traube und ebenso Feige auf Feige.
König Laertes erkennt seinen Sohn Odysseus, der nach zehnjähriger Irrfahrt nach Hause zurückkehrt, daran, dass Odysseus sich an die Bäume erinnern kann, die der Vater ihm einst geschenkt hat (24. Gesang): âÂÂDenn ich begleitete dich als Knabâ im Garten; wir gingen unter den Bäumen umher, und du nanntest und zeigtest mir jeden. Dreizehn Bäume mit Birnen und zehn voll rötlicher ÃÂpfel schenktest du mir und vierzig Feigenbäume …âÂÂ
Vermehrung
Viele Obstsorten werden nicht aus Samen nachgezogen, sondern durch Stecklinge oder Steckhölzer vegetativ vermehrt.
Bei manchen Obstsorten werden Triebe, sogenannte Edelreiser von den gewünschten Sorten auf Triebe von Unterlagssorten, die bestimmte Eigenschaften besitzen, (Unterlagen) aufgepfropft (Veredelung). Der Grund hierfür kann verschieden sein: Entweder lässt sich zum Beispiel die Obstart nicht durch Steckholz vermehren oder man wünscht sich von der Unterlagensorte einen Einfluss auf das Wachstum. Schwachwüchsige Bäume (kleine Kronen) bekommt man nur durch Verwendung bestimmter Unterlagensorten. Je nach Obstart eignen sich bestimmte Veredelungsmethoden.
PflegemaÃÂnahmen
Bewässerung
Sprinkler zur Bewässerung
Die Bewässerung ist in niederschlagsarmen Gebieten die wichtigste Voraussetzung für den wirtschaftlichen Erfolg des Obstbaues. So wird im Süden der USA, in Südafrika, in Australien und im Nahen Osten, um nur einige Beispiele zu nennen, regelmäÃÂig bewässert. Das Gleiche gilt für weniger niederschlagsarme, aber sommertrockene Anbaugebiete, wie etwa in Südtirol, Frankreich und anderen Ländern Südeuropas. Auch in Deutschland spielt die Zusatzbewässerung insbesondere auf leichten Böden eine wichtige Rolle: Obstbau auf Sandböden, wie in der Gegend um Werder/Havel (Brandenburg), ist nur bei ausreichender Bewässerung ertragssicher. Sie verdient aber auch auf besseren Böden mehr Beachtung als bisher, wenn die Verteilung der Niederschläge ungünstiger wird.
Besondere Bedeutung haben Beregnungsanlagen. Obstanlagen sind in vielen Anbaugebieten wie zum Beispiel in Südtirol besonders durch Spätfröste gefährdet. Beregnungsanlagen werden während der Blütezeit zur Frostschutzberegnung eingesetzt. Durch den Gefriervorgang wird genügend Wärme abgegeben, um das zu schützende Organ (Blüte, junge Frucht) gegen den Zelltod zu schützen.
Schnitt
Der Schnitt von Obstbäumen hat unter anderem die Aufgabe, dem Baum eine bestimmte Form (vom Erziehungssystem abhängig) und damit eine gute Triebverteilung zu geben. Damit wird der Ertrag und die Qualität beeinflusst. SchnittmaÃÂnahmen finden aus arbeitsorganisatorischen Gründen hauptsächlich im Winter (Winterschnitt) statt. Durch SchnittmaÃÂnahmen im Sommer (Sommer- oder Grünschnitt) wird gezielt die Triebverteilung (und damit Blatt- und Fruchtverteilung) optimiert.
Der Schnitt von Obststräuchern dient vor allem der Verjüngung und Gesunderhaltung der Pflanzen. Qualitativ hochwertige Früchte bilden sich vornehmlich an jüngeren Trieben; alte, abgetragene Triebe sind weniger fruchtbar und werden häufig von Pilzkrankheiten befallen.
Pflanzenschutz
Eine Reihe von Krankheiten und Schädlingen kann die verschiedensten Obstarten schädigen. Durch den Einsatz gezielter PflanzenschutzmaÃÂnahmen soll eine Schädigung der Organe der Pflanzen sowie der Früchte vermindert werden.
Kritisch betrachtet wird der Einsatz von Schädlingsbekämpfungsmitteln, der wie bei allen Monokulturen auch beim Obstbau häufig ist. So gibt es heute neben dem konventionellen Obstbau auch einen ökologischen Obstbau. In den letzten Jahren hat im Obstbau immer mehr der integrierte Pflanzenschutz Einzug gehalten. Besonders die Bekämpfung tierischer Schädlinge (Raupen, Läuse, Käfer und so weiter), insbesondere auch mit der Verwirrmethode, erzielt hier gute Erfolge. Untersuchungen haben immer wieder gezeigt, dass ÃÂpfel aus konventioneller Landwirtschaft, im Gegensatz zu ÃÂpfeln aus ökologischer Landwirtschaft, in der Regel mit mehreren Pestiziden gleichzeitig belastet sind, integrierter Pflanzenschutz hin oder her.[1]
Ausführlichere Informationen finden sich in den Artikeln zu den einzelnen Obstsorten.
Literatur
Fritz Winter, Hermann Link: Lucasâ Anleitung zum Obstbau. 30. Auflage, Ulmer, ISBN 3-8001-1211-6.
Barbara Kopp, Markus Boos: Grundlagen des ökologischen Obstanbaus. Bioland, 2003, ISBN 3-934239-08-0.
G. Natho: Früchte der Erde. Obstpflanzen, 1. Auflage, Urania, Leipzig / Jena / Berlin 1976.
Weblinks
Obstbau Rheinland-Pfalz Obstbau in der Praxis: Anbau, Pflanzenschutz, Bewässerung
Obst- und Weinbauzentrum Kärnten, Sankt Andrä: Obstsorten-Bestimmung und -Züchtung
Geisenheimer Institut für Obstbau: Sortenbeschreibungen und Züchtungen. Fachgebiet Obstbau der Forschungsanstalt Geisenheim
Kompetenzzentrum Obstbau Bodensee Bavendorf: Erhaltung alter Kernobstsorten. Interreg-Projekt von Baden-Württemberg, Bayern, Vorarlberg, Liechtenstein und Schweiz
BUND Lemgo: Vermehrung und Veredelung von Obstbäumen
Esteburg â Obstbauzentrum Jork (Altes Land): Kompetenzzentrum für den norddeutschen Obstbau
Einzelnachweise
â Weiterer Test über Pestizide in ÃÂpfeln. In: suedtirolnews.it. Abgerufen am 14. Januar 2019.
Normdaten (Sachbegriff): GND: 4043051-0 (OGND, AKS) | LCCN: sh85052162
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